Ein Krieger der Welt

                                                     

Ein Krieger schreitet auf dem Weg, sein Schwert ist geschärft und seine Gedanken sind auf einen Kampf gerichtet. Es begegnet ihm ein Guru, der mit seinem Schüler unterwegs ist.

 

Der Guru fragt ihn: „Mein Sohn, ich sehe eine unerschütterliche Entschlossenheit in dir, wohin zieht es dich?“

 

Der Krieger antwortet: „Ein Feind hat unser Volk angegriffen und dabei zwei unserer größten Gebäude zerstört, und uns damit unseren Frieden geraubt. Ich bin unterwegs diesen Feind zu besiegen, um unseren Frieden zurückzugewinnen!“

 

Daraufhin fragt ihn der Guru: „Mein Sohn, wenn der Frieden durch Gewalt zerstört wurde, wie kann man ihn durch Gewalt wieder zurückgewinnen?“

 

Der Krieger versucht sich zu erklären: „ Einen anderen Weg gibt es nicht, ist der Feind vernichtet, kommt der Frieden zurück!“

 

Der Guru spricht: „Ich sehe, dein Herz ist voller Sorge, doch es ist voller Hass und Wut. Können Hass und Wut Frieden bringen?“

 

Der Krieger antwortet: „Der Feind hat diesen Wut in mir hervorgerufen. Ist dieser Feind erst vernichtet, kann der Hass verschwinden und der Frieden zurückkehren!“

 

Der Guru startet noch einen letzten Versuch: „Mein Sohn, wenn der Feind diesen Hass in dir hervorgerufen hat, regiert er wahrscheinlich dein Inneres? Vielleicht musst du erst den Feind in deinem Inneren besiegen, bevor du mit äußeren Feinden kämpfst? Es wäre empfehlenswert zuerst den Frieden in deinem Herzen zurückzugewinnen, bevor du ihn deinem Volk bringen willst?“

 

Der Krieger behautet seinen Standpunkt: „Ich finde solange keinen Frieden, bevor der Feind nicht geschlagen ist!“ So zieht er weiter ohne den Guru noch einmal eines Blickes zu würdigen.

 

Der Guru schmunzelt und zieht mit dem Schüler seinen Weges. Dieser spricht den Guru verwundert an: „Meister, der Krieger hat deine Weisheit nicht verstanden und rennt in sein Verderben! Wie könnt ihr so gleichgültig sein? Lasst uns umkehren, den Krieger einholen, um ihn vor sich selbst zu retten!“

 

Der Guru antwortet ihm darauf: „Mein lieber Schüler, wenn ich den inneren Frieden predige, wie kann ich dann zulassen, dass dieser durch denjenigen zerstört wird, der meine Botschaft ablehnt? Außerdem, auch wenn sein Körper stirbt, seine Seele wird weiterleben. Irgendwann wird es ihr reichen, den Frieden dadurch in die Welt bringen zu wollen, indem man mit äußeren Feinden kämpft. Die Seele wird den Feind im Inneren erkennen müssen, was dann unvermeidlich zur Entwicklung der Quelle des inneren Friedens führen wird. Wollen wir anderen dabei helfen, eine Lehre zu verstehen, kann dies nie mit Gewalt gelingen. Frieden kann man nicht mit dem Schwert bringen. Selbst wenn der Konflikt dadurch beseitigt wäre, ist der Frieden noch nicht wieder anwesend. Frieden im Äußeren kann nur aus inneren Frieden wachsen. Der einzige Weg Frieden zu bringen, ist dort friedlich zu sein, wo Konflikte herrschen. Beginne mit dir selbst, lieber Schüler!“

Aus dem Buch von K. Maykels „Gleichnisse von Jesus“

 

Aus dem Russischen übersetzt von Marina Mai und Andreas Enge

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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