Das Märchen über einen Brunnen

 

 

 

Es waren einmal in einem Dorf gute Menschen. Alles lief gut bei ihnen. Sie mussten aber weite Strecken zu Fuß gehen, um Wasser zu holen – bis zum Fluss. Im Sommer ging es noch, im Winter schien es weit weg zu sein.

Eines Tages ging am Dorf ein Guter Mensch vorbei. Er sah, dass es im Dorf keinen Brunnen gibt, und grub einen aus.

Die Dorfbewohner fingen an, Wasser aus dem Brunnen zu schmecken. Zuerst vorsichtig. Dann kamen sie auf den Geschmack: das Wasser war so köstlich! Nie im Leben haben sie solch ein reines und wohl schmeckendes Wasser getrunken!

Das Märchen vom Brunnen

Dafür erlaubten die Dorfbewohner dem Guten Menschen, im Dorf zu leben. Sie halfen ihm sogar, ein Haus im Wald nebenan zu bauen.

Dieser Mensch war aber sonderbar, er erzählte allerlei Wunder: über die Göttliche Welt, über Engel, über Zwerge und Feen.

Natürlich glaubte niemand daran. Man hörte aber zu. Und der Vorteil des Guten Menschen war: Er wird in einer schwierigen Lebenssituation Rat geben und Ihnen dann sagen, wie Sie Ihre Gesundheit verbessern können.

In diesem Dorf lebte ein Böser Mensch. Da er böse war, litt er die ganze Zeit an verschiedenen Krankheiten.

Eines Tages kam der böse Mensch zu dem Guten Menschen und bat ihn, ihm bei der Heilung zu helfen. Der Gute Mensch riet: Beneide nicht, ärgere dich nicht, räche dich nicht – und du wirst gesund sein!“

Nun wurde der Böse Mensch auf den Guten Menschen böse. Was erlaubte er sich! Ihn zu lehren, wie zu leben ist!

Da fing der Böse Mensch an, sich an dem Guten Menschen zu rächen. Er spuckte in den Brunnen, den der Gute Mensch ausgegraben hatte. Zuerst spuckte er heimlich. Dann fing er an, offen am hellen Tage vor aller Augen in den Brunnen zu spucken.

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Der Gute Mensch lud andere Menschen ein und fing an, irgendwelche Märchen über das Wasser zu erzählen. Wasser, sagte er, habe ein Gedächtnis und könne alles verstehen. Es sei lebendig. Wasser müsse geachtet und geliebt werden. Man dürfe nicht in den Brunnen spucken.

Der Böse Mensch lachte den Guten Menschen aus: „Hört mal, was für einen Unsinn er redet! Er sagt, Wasser sei lebendig!“

Die Dorfbewohner fingen an, sich untereinander zu beraten. Obwohl der Gute Mensch gut ist, ist er hier fremd. Und der Böse Mensch ist kein Fremder. Wie können sie gegen den sein, der ihnen bekannt ist, denn sie leben mit ihm seit vielen Jahren Seite an Seite und wollen sich nicht mit ihm streiten. Wozu sollen sie es mit ihm verderben?

Kurz und gut, sagten die Dorfbewohner dem Guten Menschen, dass er weggehen soll.

Der Gute Mensch wollte nicht streiten und ging weg.

Der Böse Mensch triumphierte.

Die Jugendlichen eiferten dem Bösen Menschen nach und fingen an, in den Brunnen zu spucken.

Bald kam es zu einer Seuche im Dorf.

Zuerst erkrankten die Kinder, dann die Alten. Dann starben die Erwachsenen und die Jugendlichen hintereinander. So war nun das ganze Dorf ausgestorben.

 

 

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Die Weisheit in diesem Märchen besteht darin, dass alle Welt das Gute verteidigen und dem Bösen widerstehen muss.

Wenn es nicht getan wird, wird das Böse siegen.

Wenn aber das Böse siegt, wird es kein Leben für alle geben.

 

***

 

Der Gute Mensch kam aber in ein anderes Dorf, wo das Wasser den alten Brunnen verlassen hatte, und wo es nicht genug Wasser für das ganze Dorf gab.

Der Gute Mensch grub einen neuen Brunnen aus. Das Wasser war am wohlschmeckendsten! Die Dorfbewohner konnten sich nicht genug darüber freuen! Sie bauten dem Guten Menschen ein neues Haus.

Und er fing an, den Kindern und der Jugend über die Göttliche Welt, über Engel, Zwerge und Feen zu erzählen.

Darüber, dass Wasser lebendig und alles ringsherum Gott ist!

 

 

Verfasserin des Märchens Tatyana Mickushina
Illustration von V.Y. Shdanova

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