Sirius

Pallas Athene, die große Muttergöttin


Pallas Athene ist die Vertreterin der höchsten alleserobernden Macht der Welt, eine der am meisten verehrten Göttinnen des antiken Griechenland, eine der zwölf großen olympischen Götter. Sie wurde als Göttin des Wissens, der Künste und des Handwerks, als jungfräuliche Kriegerin, Beschützerin der Städte und Staaten, der Wissenschaften und der Meisterschaften, des Verstandes, der Gewandtheit und des Einfallsreichtums verehrt.

Die Gestalt von Athene ruft ein unverfälschtes Interesse vieler Forscher hervor, die die sakrale Bedeutung von Mythen über ihre Taten, ihren Namen und ihre Attribute erörtern.

Athene hebt sich vom übrigen griechischen Pantheon ab. Im Gegensatz zu anderen weiblichen Gottheiten ist sie in Rüstung gekleidet, hält einen Speer und wird von heiligen Tieren begleitet.

Zu verbindlichen Attributen ihrer Darstellung gehören:

  • Helm - (in der Regel ein korinthischer mit einem hohen Kamm)
  • Aigis / Ägis - (Schild), das mit einem Ziegenfell bezogen und mit einem Medusenhaupt verziert ist
  • Göttin Nike - als Begleiterin
  • Olive - der heilige Baum der antiken Griechen
  • Eule
  • Schlange

Was bedeuten diese Attribute?

Der Helm und der Schild – sind traditionelle Kriegssymbole, weil Athene eine jungfräuliche Kriegerin ist, was viele als Symbol der Gleichberechtigung von Männern und Frauen, sowie als Symbol der Kampfkunst gedeutet haben, da Athene die Göttin des gerechten Krieges ist.

Nike – ist eine geflügelte Siegesgöttin aus der altgriechischen Mythologie, sie begleitet oft Pallas Athene, denn sie ist ein Sinnbild für ein erfolgreiches Ergebnis, einen glücklichen Ausgang.

Die Olive – ist ein heiliger Baum, der als Symbol der Weisheit gilt. Eine der symbolischen Deutungen dieses Baumes wird vom Neuplatoniker Porphyrios gegeben: «…der Olivenbaum ist Symbol der göttlichen Weisheit, denn die Olive steht für Athene, und Athene ist die Weisheit … Als immer blühender Baum besitzt die Olive gewisse Eigenschaften, die für die Bezeichnung der kosmischen Wege der Seele besonders geeignet sind… Im Sommer wenden sich die Blätter mit ihrer weißen Seite nach oben, im Winter dagegen drehen sich die hellen Seiten in die entgegengesetzte Richtung. Wenn während der Gebete und des Flehens blühende Olivenzweige gereicht werden, hofft man, dass die Gefahr der Finsternis zum Licht wird… Auch im Kosmos herrscht ewige und immer blühende Weisheit der intellektuellen Natur, mit welcher die Athleten des Lebens als Sieger belohnt und von vielen Beschwerlichkeiten geheilt werden».[1].

Die Eule – ist in der altgriechischen Mythologie ein Sinnbild der Weisheit und der Erkenntnis aufgrund dessen, dass das natürliche Benehmen des Vogels die Hellenen an die Lebensweise der nach Abgeschiedenheit strebender Philosophen erinnerte, und die Fähigkeit der Eule in der Dunkelheit zu sehen, machte sie zum Symbol des Scharfblicks.

Die Schlange – ist auch ein traditionelles Symbol der Weisheit.

 

In altgriechischen Mythen erscheint Pallas Athene vor Helden und hilft ihnen, Heldentaten zu vollbringen. Sie hilft Perseus, die Medusa zu besiegen, und sie hilft Kadmos den Drachen zu bekämpfen und König von Theben zu werden. Gerade diese jungfräuliche Kämpferin wurde zur Schutzgöttin des Herakles und hat ihm mehrmals geholfen, seine Heldentaten zu vollbringen. Athene beschützt ebenso die Helden der Ilias und der Odyssee. Und es gibt viele solcher Beispiele in der griechischen Mythologie. Die Göttin Athene begleitet immer die Helden.

Wer sind denn die Helden? «Held» bedeutet wörtlich aus dem Altgriechischen «ein tapferer Mann, Anführer». Und es scheint, dass hier das Wort «Anführer» entscheidend ist, d.h. derjenige, der andere Menschen führt. Ihr müsst zugeben, auch wenn ein Herrscher immer erfolgreich und kühn sein mag, sind viele seiner Initiativen zum Scheitern verurteilt, wenn er die Weisheit entbehrt. Der weise Mensch lässt sich von Gedanken leiten, aber nicht von einem chaotischen Gedanken, wie es in unserem alltäglichen Leben oft vorkommt, sondern von dem Gedanken, dem die Liebe zugrunde liegt, anders gesagt von dem göttlichen Gedanken. «Der Mensch muss seine Gedanken kontrollieren können».[2].

Wenden wir uns der Legende über die Geburt der Kriegergöttin zu.

Ihre Geburt ist ungewöhnlich. Die am meisten verbreitete Version wird in «Theogonie» von Hesiod erzählt, die besagt, dass der Vater Athenes, Zeus, der oberster Gott unter den Göttern des Olymps war und die Welt beherrschte. Ihre Mutter war Metida oder anders Metis, die in der altgriechischen Mythologie die Weisheit verkörperte und erste Frau von Zeus war.

Uranos (Gott des Himmels) und Gäa (Göttin der Erde) haben Zeus geweissagt, dass seine Frau ihm einen Sohn gebärt, der ihn übertrifft. Um dies nicht zuzulassen, hat Zeus die schwangere Metis mit zärtlichen Reden eingeschläfert und verschlungen. Am dritten Tag kam Athene, aus seinem Kopf, zur Welt. Sie vereinigte die Weisheit von Vater und Mutter. Bei ihrer Geburt, haben der Gott des Feuers Hephaistos und einer der Titanen, der Beschützer der Menschen, Prometheus, geholfen. Hephaistos schlug mit einem Hammer auf den Kopf von Zeus, der unter Kopfschmerzen litt, und Prometheus hat Athene entgegengenommen (sein Name bedeutet wörtlich „der Vorausdenkende“, „der Hellseher“).

Was bedeutet diese Legende sinnbildlich?

Herodot schreibt folgendes in seiner historischen Abhandlung: „Ihre (der Perser) Sitte aber ist es, dem Zeus Opfer zu bringen, indem sie auf die höchsten Gipfel der Berge hinaufsteigen, weil sie das ganze Himmelsgewölbe Zeus nennen“[3]. D.h. Herodot hat den persischen Gott Ahura Mazda mit dem altgriechischen Göttervater Zeus assoziiert.

Im Buch von Mark und Elisabeth Prophet „The Masters and Their Retreats“ steht geschrieben: „Aufgestiegene Meister lehren, dass der oberste Gott des Zoroastrismus Ahura Mazda - Sanat Kumara ist. Der Name „Ahura Mazda“ bedeutet „weiser Gott“ oder „Gott, der das Wissen verleiht“.

Mit anderen Worten ist Zeus (Ahura Mazda – Sanat Kumara) Gott des Verstandes, der nach Vereinigung mit der Weisheit (Metis) die Tochter Pallas Athene erschaffen hat.

Heute kommt uns solch eine ungewöhnliche Geburt der Göttin seltsam vor. Aber in der „Geheimlehre“ von E.P. Blavatsky, und unter anderem in den angeführten Fragmenten aus dem Buch des Dzyan steht: „ …die Meister wurden durch den Willen geboren und vom Geist des Lebensspenders angetrieben…“

Hier ist die Deutung, die im Buch von Tatyana Mickushina hierzu angeführt wird:

„Die Autoren der „Geheimlehre“ lassen uns verstehen, wie sich die Menschheit entwickelte…

In den verschiedenen alten Lehren… werden die höheren Geister erwähnt… die die „Erstgeborenen“ von Brahma sind, die durch den Verstand hervorgebracht sind…“[4]

Mit anderen Worten war der Gedanke der Urquell allen Seins, und die höheren Herrscher, oder Götter, wurden ursprünglich mit Hilfe ihrer lebensspendenden Macht geboren.

Daraus kann man sicher schließen, dass Pallas Athene die Verkörperung des göttlichen Gedankens, des göttlichen Willens ist. Sie ist ein räumlicher Gedanke. Wir wissen, dass Gedanken Energie sind, und in „Agni Yoga“ steht, dass „aus allen schöpferischen Energien der Gedanke als höchstes bleibt“. Daher verehrten die alten Griechen so in diesem Maße diese Göttin, die neben Zeus steht. „Sogar der irdische Gedanke ist in der Lage, feste Gegenstände zu bewegen – so kann man sich die Stärke der schöpferischen Kraft des Gedankens der Höheren Welt vorstellen!“[5]

Hieraus erfolgten die vielfältigen Aktivitäten der Pallas Athene. Sie ist nicht nur Kriegergöttin, sondern auch Beschützerin des Handwerks, der Kunst, der Städte; sie ist auch als Heilerin, Weissagerin, Weberin, d.h. sie ist überall und in allem, was das Vorhandensein von Gedanken erfordert.

Und wenn wir daran denken, dass die Legenden den Menschen nicht umsonst gegeben wurden, können wir uns vorstellen, welche kosmische Macht der Athene verliehen wurde. In ihr sind die Weisheit von Metis, die Kraft des Feuers von Hephaistos und die Macht des Hellsehens von Prometheus vereinigt. „Der kosmische Atem ist räumliches Feuer. Alle kosmischen Manifestationen sind vom Feuer verstärkt, und der Gedanke … ist Feuer“[6]

.

Pallas Athene wurden viele Namen und Beinamen gegeben, die die Funktionen der Göttin enthüllen, damit die Menschen ihre Bedeutung besser verstehen können: Areia - Erlöserin, Bulaia - Ratgeberin, Aglavra – Licht und Leichtigkeit, Poliuchos – Beschützerin der Städte, Ergane – Werkerin. All dies sind die Namen der Göttin, die auf die eine oder andere Weise göttliche Weisheit verkörpern. Ihr wurden verschiedene Beinamen verliehen, die ihre Funktionen zu verstehen und zu erklären helfen.

Homer benutzt das Beiwort „glavkopsis“ (griechisch:), d.h. eulenäugige oder helläugige. Und tatsächlich werden häufig in den Beschreibungen die großen leuchtenden Augen der Göttin betont. Sogar in dieser Kleinigkeit kommt die große Weisheit zum Vorschein, die symbolisch in alten Legenden verschlüsselt ist: „Das Feuer… ist nur in den Augen zu sehen. Mit Worten kann man es nicht ausdrücken und ein Bild kann es nicht darstellen, denn seine Flamme ist in jenem Gedanken enthalten, der sich durch die körperliche Hülle nicht ausdrücken lässt. Nur der Spiegel des Auges lässt die Funken des höchsten Gedankens durch. Jene Augen können die Funken kosmischer Strahlen erkennen, welches das grobe Sehen, einfach das Licht der Sonne nennt.“[7].

Es ist nicht verwunderlich, dass für die alten Griechen die Bedeutsamkeit von Athene, der Bedeutsamkeit von Zeus gleichgestellt war und ihn manchmal sogar übertroffen hat.

Schenken wir auch dem berühmten zweiten Beinamen der Göttin – Pallas, Beachtung. Laut einer der Legenden erhielt Athene ihren zweiten Namen, nachdem sie den fliegenden Giganten Pallant, der einem Ziegenbock ähnlich war, besiegt hatte, weil er ihr Gewalt antun wollte, als die Titanen gegen die Götter rebellierten. Doch die Göttin hat den Titanen vernichtet, ihm die Haut abgezogen und daraus einen Schild für sich angefertigt.

Wenn wir diese Allegorie zu enträtseln versuchen, kommen wir zu folgender Auslegung:

Der Mensch vereinigt in sich die spirituelle und die physische Welt. Wenn der Mensch die göttliche Welt durch sich manifestieren kann, wird er gottähnlich. Wenn er auf Gott verzichtet, gleicht er einem Tier und er versinkt nach und nach in die Illusion. Genau daher werden in alten Legenden (und nicht nur in griechischen) die Wesen, halb Menschen, halb Tiere, als wilde, böse Wesenheiten dargestellt, die sich nicht kontrollieren können und Zerstörungen bringen. Erinnern wir uns, zum Beispiel, an die bekannten Legenden über Zentauren oder Werwölfe. Daher erhebt der Sieg über den tierischen, d.h. fleischlichen Teil ihrer selbst diese Wesenheiten (wie es, zum Beispiel, bei dem weisen Zentauren Cheiron, dem Lehrer der Helden der Fall war). Darum bedeutet der sinnbildliche Sieg Athenes über den Titanen mit tierischen Zügen, einen Sieg über die niedere Materie, und deren Verwendung für die göttlichen Ziele.

Wie der russische Philosoph und Philologe A.F. Losev behauptet, erscheinen vor uns Athene und alle ihre Errungenschaften, als wären sie die unmittelbare Fortsetzung von Zeus. Sie ist Vollzieherin seiner Pläne und seines Willens; sie ist sein Gedanke, der durch die Taten verwirklicht ist. Sie ist wie das Schicksal und die Große Muttergöttin, die in der archaischen Mythologie als Erzeugerin und Zerstörerin von allem Lebenden bekannt war.

Über die sakrale Bedeutung Pallas Athenes hat Prof. S.S. Shelomentseva in ihrem Essay „Athene-Sofia-Menfra“ geschrieben: „Sie ist die Göttin auf Erden, die die Göttlichkeit als die göttliche Seligkeit in unsere Welt trägt. Es wurde ihr vom Allerhöchsten gestattet, nicht nur die Weisheit des Vaters, sondern auch seinen Plan für unsere irdische Welt zu tragen. Sie tritt als Ideologin der göttlichen Weisheit auf, als Theoretikerin, Leiterin und Organisatorin. Sie ist Göttin der Weisheit, des Handwerks und des gerechten Krieges. Und, wenn es nötig ist, tritt sie in den Kampf und bekundet mit ihrer Rüstung die unablässige Bereitwilligkeit, die Weisheit zu schützen.“[8].

Es gibt heute wenige, die Pallas Athene als Göttin der Wahrheit und der göttlichen Weisheit verehren, die immer noch über diese Welt wacht.. Deswegen möchte ich diesen Artikel mit einem Gedicht abschließen, das ihr gewidmet ist.

Die Widmung[9]

„die ganze Welt ist ein Geschenk Gottes für euch
um euch selbst und die umgebende Welt zu erkennen“.
Pallas Athene.
«Das Wort der Weisheit»

Im goldenen Regen geborene,
Im Thronraum herrschende Mutter,
Die weise, strenge, helläugige,
Der göttlichen Wahrheit Hüterin!

Du hast Harmonie in die Kunst eingebracht,
Die Schönheit und Ruhe des Handwerks,
Den Kriegern Mut und Gerechtigkeit,
In den Zeiten des Unglücks.

Unser Herz ist voll großer Dankbarkeit
Dafür, dass Du fast vergessen
Die Wahrheit weiter in der Welt verteidigst,
Klar gedacht und weise geliebt hast.

E.G. Zhurkova

Quellen:

1. Agni Yoga, herausgegeben von Kagan G.I., Kalshanova G.I., Rodichev J.E. – Roerich-Zentrum für geistige Kultur in Samara, 1992, in 3 Bänden.

2. Herodot. 9 Bücher zur Geschichte / Übersetzung von Stratanovsky G.A., herausgegeben von Utchenko S.L. – Leningrad: 1972.

3. Karchevskaya Leka. Die Widmung (elektronische Daten) http://www.stihi.ru/2015/07/15/5117.

4. Т. 1 (Losev A.F. Mythen aller Völker: Lexikon in 2 Bänden).

5. Mickushina T.N. Gut und Böse. Eine persönliche Lektüre der „Geheimlehre“ von H.P.Blavatsky.

6. Porphyrios Höhle der Nymphen

7. Shelomentseva S.S. Athene-Sofie-Menfra

8. Sri Svami Shivananda Gott Shiva und seine Verehrung Pensa, 1999 – 348 Seiten


 



[1] Porphyrios Höhle der Nymphen. [2] Agni Yoga. Das Überirdische. §647.

[3] Herodot. 9 Bücher zur Geschichte §131.

[4] Mickushina T.N. Gut und Böse Eine persönliche Lektüre der „Geheimlehre“ von H. P. Blavatsky

[5] Agni Yoga. Aum, §90

[6] Agni Yoga. Unbegrenztheit II, §372

[7] Agni Yoga. Zeichen des Agni Yoga. §139

[8] Shelomentseva S.S. Athene-Sofie-Menfra. Philosophisch-kultorologische Skizze.

[9] Autorin des Gedichtes Leka Karchevskaja